Das Problem des ELO-Systems

Das Problem des ELO-Systems

Avatar von sspengler
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Liebe Schachfreunde,

dies ist mein erster Blog-Eintrag und mit einer ELO um die 1.000 Punkte bin ich weit davon entfernt kluge Ratschläge oder Analysen zu geben.

Was mich jedoch immer wieder beschäftigt hat, ist die Aussagekraft des ELO-Systems.

Meine Gedanken dazu sind wie folgt:
1.) Die Aussagekraft der ELO nimmt mit steigender ELO Zahl zu. Den Grund hierfür sehe ich darin, dass in den höheren Bereichen immer weniger Spieler anzutreffen sind und die Wahrscheinlichkeit einer falschen Bewertung hier geringer ausfällt.
Spiele ich im 1.000er Bereich so treffe ich immer wieder auf Spieler mit der selben ELO-Stärke, zumindest auf dem Papier. In der Praxis sind dann jedoch eklatante Unterschiede zu erkennen.
Schaue ich ein paar Monate später, so pendeln sich die gefühlt schwächeren Spieler auch immer weiter unten ein, während die stärkeren davon ziehen.
Das ich also in diesem Bereich durchaus mal 4-5 schwache Spieler hintereinander erwische und dadurch meine ELO-Zahl in einen Bereich steigt, in den ich nicht gehöre ist durchaus wahrscheinlicher, als in höheren ELO-Bereichen, wo die Spieler i.d.R. auch schon wesentlich mehr Spiele vorzuweisen haben und dadurch die Varianz nicht mehr so erheblich zu Buche schlägt.

Ich stelle also fest, dass die ELO-Stärke nicht an meiner persönlichen Spielstärke auszumachen ist, sondern vielmehr an meiner Stärke im Verhältnis zu meinen Gegnern.

Dies brachte mich nun schon mehrmals zum grübeln, inwieweit die aktuellen Spielstärken überhaupt mit den Spielstärken historischer Spieler zu vergleichen sind.

Ist ein Spieler mit einer heutigen ELO von 2.600 definitiv besser als ein Spieler von damals mit einer Stärke von seinerzeit 2.400?

Oder kann man sogar argumentieren, dass durch das erweiterte Wissen (Schach-Engin, etc.) sogar pauschal behauptet werden kann, dass ein Spieler von vor einigen Jahrzehnten mit einer damaligen ELO von 2.400 definitiv schlechter spielen würde, als ein Spieler von heute mit einer ELO von 2.400, da der heutige Spieler sich diese in einer Maße von viel Stärkeren Gegnern erarbeitet hat?

Ebenso kam mir der Gedanke, wie stark die maximal mögliche ELO mit der aktuellen Stärke und auch Größe der Schachwelt zusammen hängt.
Nehmen wir an, es spielen nur zwei Personen Schach. Ein Spieler gewinnt immer. Die ELO-Zahlen driften schnell auseinander und irgendwann ist ein Abstand erreicht, wo der führende Spieler keinen Zuwachs mehr erreichen kann. Kommt nun ein 3. Spieler hinzu, welcher auf dem Niveau des bislang unterlegenen Spielers spielt, so wird einer der beiden öfter gewinnen, wodurch die ELO wieder steigt und der bislang stärkste Spieler wieder gegen einen Gegner spielen kann, der eine höhere ELO hat, wodurch er selber wieder punkten kann. Stärker ist niemand geworden, jedoch waren mehr Spieler vorhanden, wodurch die ELO insgesamt stieg. Eine Art ELO Inflation, wenn man so möchte.

So komme ich zu dem Ergebnis, dass die ELO zwar die Spielstärke aller aktuell Beteiligten vergleichbar macht, jedoch keine Aussage darüber treffen kann, wie stark ein Spieler effektiv ist und dementsprechend ein Vergleich über mehrere Generationen nicht akkurat zutreffend sein kann.

Ich freue mich Antworten hierzu zu lesen und diskutiere gerne über dieses Thema.

Gut Schach!